Haywire
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Oscar®-Preisträger Steven Soderbergh beweist mit dem ersten Actionfilm seiner illustren Karriere, dass es wirklich kein Genre gibt, das er nicht perfekt beherrscht: Mit der Kampfsportikone Gina Carano, mehrfache Mixed-Martial-Arts-Weltmeisterin, in ihrer ersten Hauptrolle inszenierte Soderbergh ein atemloses Katz-und-Maus-Spiel, das auf spektakuläre Thrills ebenso wie auf große Authentizität setzt. Atemlose Hochspannung, mitreißende Nahkampfaction und eine brillante Starbesetzung garantieren ein Kinoerlebnis der Extraklasse.
Die attraktive Mallory Kane hat einen gefährlichen Beruf: Als Geheimagentin leitet sie rund um die Welt an der Grenze zur Legalität verdeckte Einsätze für Regierungen, die bereit sind, den nötigen Preis zu zahlen. Was geschieht jedoch, wenn eine Mission plötzlich aus dem Ruder gerät? Verraten von ihren eigenen Auftraggebern, wird sie plötzlich selbst zur Gejagten und muss im Fadenkreuz einer knallharten internationalen Fahndung um ihr Leben kämpfen. Für Mallory gibt es kein Zurück: Systematisch und gnadenlos übt sie Rache an all jenen, die sie hinterhältig und eiskalt ans Messer liefern wollten.
Mit seinem neuesten Thriller, nimmt sich Steven Soderbergh einmal mehr ein beliebtes Filmgenre vor und fügt ihm Elemente hinzu, die die Erwartungen des Publikums ganz subtil auf den Kopf stellen. Indem er Ränkespiele und Spannung, komplexe Figuren und glamouröse internationale Kulissen mit knochenharter Action, den ganz realen Special-Ops-Techniken und einer charismatischen Heldin verbindet, gelingt es dem Filmemacher, den Spionagethriller zu völlig neuem Leben zu erwecken.
»Ich bin ein großer Fan der frühen James-Bond-Filme«, erklärt Soderbergh. »Liebesgrüße aus Moskau ist vermutlich mein Favorit. In diesen Filmen erfährt man, wer diese Menschen sind – und nicht nur, was sie tun. In den meisten jüngeren Spionagefilmen hält man sich nicht mehr mit der Entwicklung der Nebenfiguren auf. Ich wollte aber so etwas machen wie die frühen Bond-Filme. Ihr Verhältnis von Handlung zu Action ist ungefähr identisch mit unserem Film.«
Das ist aber auch der einzige Anhaltspunkt, der an Bond erinnert. Die Hauptfigur ist diesmal eine Frau, die mit ihrer Superfigur nicht nur einstecken sondern auch ordentlich austeilen kann. Eine der in Erinnerung bleibenden Szenen ist wohl die, in der sie Michael Fassbender im Hotelzimmer vermöbelt - das ist nicht nur kampftechnisch eine Herausforderung sondern auch sexy.
Der Regisseur beschreibt Haywire gern als einen Pam-Grier-Film, wie Alfred Hitchcock ihn gemacht hätte. Die Figurenentwicklung war ihm besonders wichtig, während er mit Drehbuchautor Lem Dobbs an der Ausarbeitung der Figur der Mallory Kane arbeitete, eine völlig verdeckt arbeitende Spezialistin in den Diensten eines privaten Sicherheitsdiensts.
»Ich wollte der Figur ein paar zusätzliche Schichten geben«, sagt er. »Es gibt da beispielsweise eine Szene, in der sie den Inhalt aus dem Telefon ihres Partners saugt, als er sich gerade nicht im Raum befindet. Zu diesem Zeitpunkt gibt es keinen erkennbaren Grund dafür. Er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen, hat nichts gemacht, was ihn verdächtig machen könnte, aber ich hatte den Eindruck, dass das etwas wäre, was sie auf jeden Fall machen würde.
Sie fühlt sich deshalb schlecht, schuldig. Ich denke, einer der Gründe, warum man sich Hitchcocks Filme auch heute noch ansehen kann, liegt nicht nur an deren technischer Virtuosität, sondern auch daran, dass es in ihrem Kern immer um Schuld geht. Im Mittelpunkt seiner Filme gibt es immer jemanden, der etwas getan hat, das nicht ans Tageslicht kommen soll.
Ich wollte Elemente davon auch in meinem Film haben. Mallory Kane sollte keine Figur sein, die kein Wässerchen trüben kann. Schließlich stellt sich heraus, dass ihre unprovozierte Vorsichtsmaßnahme ihr das Leben rettet. Aber in dem Moment, in dem sie es macht, fragt man sich: Warum?«
Soderbergh fand seine Muse für diesen Film an einem überraschenden Ort. Er hatte Kämpfe der Mixed-Martial-Arts-Meisterin Gina Carano gesehen und begeisterte sich immer mehr für die Vorstellung, sie in einem Film zu besetzen. Mixed Martial Arts umfasst eine spektakuläre und anspruchsvolle Kombination aus verschiedenen Kampfstilen wie Muay Thai, Karate, Jiu-Jitsu, Judo, Wrestling, Boxen, Sambo, Kickboxen und Kung-Fu – also genau jene Art von Fertigkeit im Nahkampf, die sich Soderbergh für die Hauptfigur von Haywire vorgestellt hatte.
Soderberghs langjähriger Wegbegleiter, Produzent Gregory Jacobs, über die Action im Film: »Steven bestand darauf, so weit wie möglich auf Stuntarbeit mit Drähten zu verzichten. Er wollte einfach nicht, dass das Publikum den Eindruck gewinnen sollte, die Actionelemente seien so akrobatisch oder gefährlich, dass kein normaler Mensch sie womöglich ohne Hilfe überleben würde. Die wunderbare Sache am Dreh mit Gina war, dass in den Kämpfen überhaupt keine Spezialeffekte zum Einsatz kommen mussten. Alles war echt.«
Und davon kann man sich jetzt im Kino überzeugen. Haywire ist »eher ein Drama mit Action als ein Nonstop-Actionfilm«, wie der Regisseur den Film treffend kategorisiert. In der Machart hat sich gegenüber seinen bisherigen Werken nicht viel geändert. Hinzugekommen ist lediglich die Action, die hier sogar ohne Wackelkameraeffekte auskommt - klar, ist ja alles echt, und man will (und muss) das sehen! ■ mz