The Counselor
© 20th Century Fox
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Nachdem Michael Bay in diesem Jahr bereits mit seinem Ausnahmewerk Pain & Gain überraschte, klemmt sich nun Ridley Scott mit The Counselor dahinter. Der Regisseur und Produzent von Filmen wie Prometheus - Dunkle Zeichen, Gladiator oder Sie7en hat sich diesmal an die Verfilmung eines Originaldrehbuchs von Cormac McCarthy getraut, dessen Romane „No Country for old Men“, „The Road“ und „All the pretty Horses“ bereits verfilmt wurden.
McCarthy, den man einmal den „Shakespeare des Westens“ genannt hat, überraschte die Branche, als er nun mit „The Counselor“ sein erstes Originaldrehbuch vorlegte. Tatsächlich findet man in dieser Geschichte die gleiche erzählerische Kraft und den dramatischen Sog, die für McCarthys Romane charakteristisch sind. »Von einigen Leuten wurde dieser Film als „No Country for old Men“ auf Steroiden bezeichnet«, erinnert sich Produzent Steve Schwartz.
»Und meiner Ansicht nach ist da etwas dran. „The Counselor“ beinhaltet Cormacs klassische Themen: die Ansicht, dass der Mensch in seinem Wesen eigentlich nicht gut ist; dass wir aber immer eine Wahl haben, doch häufig die falschen Entscheidungen treffen. Und diese Entscheidungen haben Folgen, mit denen wir manchmal einfach leben oder auch sterben müssen. In dieser Hinsicht erzählt der Film eine moralische Geschichte, die als abschreckendes Beispiel dient.«
Der von Michael Fassbender dargestellte Counselor (dt: Anwalt; Berater; Ratgeber; Rechtsberater...), dessen Namen man im Film nie erfährt, ist ein Anwalt, der in Versuchung geführt wird, schnell zu Geld zu kommen, und dafür eine düster-undurchsichtige und gefährliche Welt betritt. Schon bald lernt er seine Lektion, dass nämlich eine einzige schlechte Entscheidung schockierende Konsequenzen haben kann, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Obwohl er mehrfach vor den möglichen Gefahren gewarnt wird, die mit diesem Deal verbunden sind, lässt sich der Counselor, bedingt durch seine Arroganz, nicht davon abhalten.
Für Cormac McCarthy ist der Counselor eine Figur aus einer klassischen Tragödie: »Im Grunde ist er ein anständiger Mann, der eines Morgens aufsteht und sich entscheidet, etwas Falsches zu tun. Und das genügt schon, damit nimmt alles seinen Lauf. Manche Menschen können widerliche und abscheuliche Leben führen, immer den falschen Weg einschlagen und trotzdem mit 102 Jahren friedlich im Bett sterben. Der Counselor gehört nicht zu diesen Menschen.«
Die größte Schwäche des Counselor ist vielleicht seine Überheblichkeit, wie Fassbender ausführt: »Es bieten sich ihm genügend Gelegenheiten, aus dem Geschäft auszusteigen, doch er betont immer wieder, dass mit ihm alles in Ordnung sei. Und das trifft nun ganz und gar nicht zu. Es ist diese blinde, unüberlegte Arroganz, die ihn antreibt.«
Als eine Reihe von unerwarteten und überraschenden Ereignissen in tragische Konsequenzen für ihn und seine Verlobte Laura münden, ist der Counselor von diesen Entwicklungen in jeder Hinsicht überfordert. Wenn es Unschuld in dieser Geschichte gibt, dann steht Laura dafür, eine wunderschöne Frau, in die sich der Counselor, so Fassbender, »rettungslos verliebt hat.«
Und das ist dann auch der Höhepunkt des Films, von dem es, wie Kevin Spacey in einem anderen Film erwähnte, nur noch bergab geht. Man möchte zu Beginn des Films nie wieder unter der Decke mit Penélope Cruz hervorkrauchen, und doch passiert genau das. Wie der Anwalt im Film, schlägt der Film eine Richtung ein, in die man nicht hätte gehen sollen.
Immerhin kollaborieren hier Scotts Prometheus-Protagonist Michael Fassbender und McCarthys No Country for old Men-Killer Javier Bardem, die jedoch von der „femme fatale“ Cameron Diaz aufs Kreuz gelegt werden. Bardem, im richtigen Leben der Ehemann von Penélope Cruz, spielt Reiner, einen leicht naiven Nachtclubbesitzer, der den Counselor in das düster-dubiose Geschäft hineinzieht.
Starke weibliche Hauptfiguren sind ein Markenzeichen der Filme von Ridley Scott. Cameron Diaz stellt hier nun eine der härtesten und düstersten Figuren dar, die je in einem Ridley-Scott-Film zu sehen waren. In die Darstellung von Malkina, der bösartigen Geliebten von Reiner, lässt Diaz ihre große Erfahrung aus komödiantischen und dramatischen Rollen einfließen.
Malkina ist eine Soziopathin, die kein Mitgefühl für andere kennt, und damit zu allem fähig ist. Ihre Macht gründet sich auf ihrem rücksichtslosen Antrieb, Kontrolle zu übernehmen, und alles besitzen zu wollen, was sie in ihren Augen verdient. Was immer auch die Folgen ihrer Handlungen sind – Reue empfindet sie nie.
»Möglicherweise fühlt man sich bei Malkina an Javiers Rolle in No Country for old Men erinnert«, sagt Cormac McCarthy. »Beide Figuren haben keinen Humor, daran erkennt man vielleicht einen Psychopathen. Sie lächelt zwar ein paarmal, aber es ist kein Lächeln, das einen aufheitern wird.«
Westray, die von Brad Pitt gespielte Figur, ist nicht bösartig wie Malkina, gewiss aber hat Westray eine dunkle Seite. Er ist ein philosophierender, zwielichtiger Mittelsmann, dessen Warnungen über die Gefahren einer Welt, die der Counselor unbedingt betreten will, von diesem ignoriert werden.
»Wir wissen nicht genau, was Westray tut, abgesehen davon, dass er die Verbindung zum Kartell ist, mit dem der Counselor ein Geschäft abgeschlossen hat«, erläutert Ridley Scott. Doch unabhängig davon, was seine Motive sind und wo seine Loyalitäten liegen, ist Westray ein absolut stilbewusster Mann. »Wir gaben ihm ein Outfit, das an Countrymusik-Legende Hank Williams erinnert«, fährt der Regisseur fort, »komplett mit Cowboyjacke, gepolsterten Schultern, Cowboyhut und Cowboystiefeln. Westray ist ein ziemlicher Dandy.«
Pitt, der bei The Counselor erstmals wieder mit Ridley Scott zusammenarbeitet, der vor 1991 seine Karriere mit Thelma & Louise lancierte, bringt in seine Darstellung dieser sonderbaren und unvergesslichen Figur grenzenloses Charisma ein. Die Chance, wieder mit Scott drehen und mit einem Drehbuch arbeiten zu können, dessen Autor er seit Langem bewunderte, wollte er sich unter keinen Umständen entgehen lassen.
»Ich bin ein Fan von Cormac McCarthy, habe jedes Wort, das er geschrieben hat, und die meisten seiner Romane mehrfach gelesen«, sagt er. »The Counselor bot mir die Gelegenheit, mit einem seiner Stoffe zu arbeiten und darüber hinaus wieder mit Ridley drehen zu können. Ridley ermöglichte mir den ersten Durchbruch, dass ich in der Branche schließlich in der ersten Liga mitspielen konnte.«
Wer jetzt hier einen besonders spannenden Film erwartet mit ordentlichen Effekten, der liegt völlig falsch. Es ist ein düsterer Film, auch wenn die Sonne scheint und die Bilder sehr ruhig wirken. Die Figuren sind eher uninteressant, was den Film nicht unbedingt sehenswert macht. Der Film ist zwar ordentlich schrill-bunt durchgestylt, doch die Handlung zieht nicht nur den Counselor in den Abgrund, sondern nimmt auch den Zuschauer mit auf die Reise.
Wenn es am Ende nur noch den einen Ausweg gibt, und sich die Schlinge immer fester um den Hals wickelt (das wahrscheinlich brutalste Element des Films, das am Anfang von Reiner erklärt wird und man am Ende dann vorgeführt bekommt), wünscht man sich, man wäre an einem anderen, friedvolleren Ort. The Counselor hat kein Happy-End und außer Penélope Cruz auch keine Figur, mit der man mitfiebern kann. Der Film enttäuscht auf ganzer Linie und ist bei diesem depressionistischen Herbstwetter auch völlig fehl am Platze. ■ mz