Viel Lärm um Nichts
© 2012 Messina, LLC
Lange hat es gedauert, nun kommt Joss Whedons Version von William Shakespeares Stück „Viel Lärm um Nichts“ auch in Deutschland auf den Markt. Dass der Film sogar ins Kino kommt, mag seinem neuzeitlichen Erfolg mit The Avengers zu verdanken sein. Immerhin ist der Film schon 2 Jahre alt und ein Kleinod, das sonst wohl eher zunächst auf dem Heimvideomarkt zu finden wär.
Im Spätsommer des Jahres 2011 beendete er die Dreharbeiten zu Marvel's The Avengers. Zurück in Los Angeles hatte er vertraglich eine Woche frei, bevor er mit dem Schnitt des Films beginnen sollte. Doch statt ein exotisches Urlaubsziel anzusteuern oder sich anderweitig auszuklinken, beschlossen Joss und seine Frau, die ausführende Produzentin Kai Cole, sich einem Projekt zu widmen, das unterschiedlicher nicht sein konnte. So entstand in knapp 12 Tagen in ihrem privaten Haus, und mit Hilfe einiger ihrer besten Freunde, ein Film mit einer aufrichtigen Liebe für den shakespeareschen Originaltext. Whedons Viel Lärm um Nichts präsentiert das Stück in der heutigen Zeit mit dem Originaltext und in Schwarzweiß.
Leonato, der Gouverneur von Messina, wird von seinem Freund Don Pedro besucht, der gerade von einem siegreichen Feldzug gegen seinen rebellischen Bruder Don Juan zurückkehrt. Begleitet wird Don Pedro von zwei seiner Offiziere: Benedick und Claudio, der sich in Messina angekommen sofort in Leonatos Tochter Hero verliebt. Während sich Benedikt mit Beatrice, der Nichte des Gouverneurs, spitzfindige Wortgefechte liefert, treffen Don Pedro und Leonato bereits Hochzeitsvorbereitungen für das junge Liebespaar Claudio und Hero.
Um sich die Zeit bis zu den Feierlichkeiten zu vertreiben, macht sich Don Pedro mit Hilfe von Leonato, Claudio und Hero einen Spaß daraus, auch Benedick und Beatrice mit allerlei Tricks in die Liebesfalle zu locken. Der finstere Don Juan wiederum will die bevorstehende Hochzeit unbedingt verhindern und intrigiert mit Hilfe seiner Verbündeten Konrad (Riki Lindhome) und Borachio (Spencer Treat Clark) gegen das glückliche Paar.
Vielleicht werden die beiden Paare von den folgenden, komischen und tragischen Ereignissen tatsächlich daran gehindert, ihr Glück zu finden – aber möglicherweise trägt die wahre Liebe auch einmal mehr den Sieg davon...
Seit vielen Jahren organisieren Joss und Kai mit Freunden und Kollegen Shakespeare-Lesungen und bringen dabei theatererfahrene Schauspieler mit Kollegen zusammen, die noch keine Klassiker gespielt haben. Als Joss dann entschied, Viel Lärm um Nichts zu verfilmen, dachte sich niemand etwas dabei. Die meisten nahmen an, es wäre eine weitere dieser Lesungen, nur dass eben irgendwo eine Kamera mitlaufen würde. Doch zu ihrer großen Überraschung fanden sie sich auf einem komplett eingerichteten Filmset wieder, inklusive Catering, Kostümen und einer startbereiten Crew.
Das Casting verlief äußerst zwanglos. Joss fragte einfach seine langjährigen Freunde, ob sie an dem Projekt mitwirken möchten. Mit einigen hatte er schon oft Projekte zusammen realisiert, mit anderen wollte er schon immer zusammenarbeiten. Schließlich hatte er eine Truppe aus erfahrenen Shakespeare-Mimen und völligen Schauspielneulingen zusammengesucht.
Der Drehort des Films ist ebenfalls besonders, denn es wurde im Haus der Filmemacher Joss und Kai gedreht, das bis in den letzten Winkel als offene und wunderschöne Familienunterkunft gestaltet und eingerichtet wurde. Es war für die beiden ganz selbstverständlich, dass sie den Film an einem Ort drehen wollten, mit dem sie absolut vertraut sind. Und da das Drama an einem einzigen, großen Schauplatz angesiedelt ist, war ihr Heim die perfekte Wahl.
Passend zum Do-it-yourself-Charakter der ganzen Filmproduktion gibt Joss Whedon bei Viel Lärm um Nichts auch noch sein Debüt als Filmkomponist. Gemeinsam mit seinem Musikleiter Clint Bennett entwickelte er ein einfaches System, dass es ihm erlaubte, eigenständig Melodien und Klangstrukturen zu erschaffen. Deborah Lurie half dabei, diese musikalischen Skizzen und Themen zu arrangieren, so dass sie später von den Musikern umgesetzt werden konnten. Joss’ Bruder Jed Whedon trug, wie schon so oft, ebenfalls zur Musik bei. Er war als Co-Autor, Musiker und Produzent für die Untermalung einiger der intensivsten Momente des Films verantwortlich.
Dass der fertige Film die Spielfreude und die kreative Freiheit der Dreharbeiten widerspiegelt und das Publikum genauso viel Spaß an der aufregenden Kombination aus Originaltext und zeitgemäßer Umsetzung hat wie die Schauspieler und die Crew, zeigen die nennenswerten Erfolge am amerikanischen und britischen Markt.
Es ist ein Experiment, das nicht jedem Kinogänger zusagt. Der gesprochene Originaltext klingt für das heutige Sprachbild ungewöhnlich und mag für Shakespeare-Laien anstrengend wirken. Hinzu kommt, dass der Film in Farbe gedreht und anschließend nach Schwarzweiß konvertiert wurde, was man daran sieht, dass das Bild viel zu viele Grautöne enthält, die den Augen des Zuschauers zu schaffen machen. Wären da nicht die schauspielerischen Qualitäten der Whedon-Lieblinge, ganz vorn Amy Acker, hätte man den Film einfach ungesehen abkahen können. Dass der Film in vielen Kinos startet, ist demzufolge zu bezweifeln. Whedon-Fans werden sich den Film jedoch so oder so anschauen... ■ mz