Multiplex
Easy virtue - Eine unmoralische Ehefrau
Kinostart: 24.6.2010 | Autor: mz

Es liegt wohl eher an der Fußball-WM als am Sommer, dass momentan so wenig Filme ins Kino kommen. Da kann man schon mal einen zwei Jahre alten Film dazwischenschmeißen: Easy virtue, so der Originaltitel. Eine unmoralische Ehefrau zum allgemeinen Verständnis angehangen, damit man weiß, worum es in diesem Film geht.

Allerdings handelt es sich in der aufwändigen und starbesetzten Verfilmung von Noel Cowards gleichnamigem Stück nicht gerade um ein Erotikdrama, wie man es bei diesem Titel erwarten könnte, als vielmehr ein sogenanntes „Period Piece“ (zu gut Deutsch: ein an eine bestimmte Epoche gebundenes Stück), eine Geschichte um Sturm und Drang einer frisch vermählten jungen Frau, die sich plötzlich zwischen zwei Stühlen wiederfindet, zwischen zwei Männern, zwischen den „Wilden Zwanzigern“ und den „Swingenden Dreißigern“.

Der junge Engländer John Whittaker verliebt sich mit Haut und Haaren in Larita, eine sexy und glamouröse Amerikanerin und umjubelte Rennfahrerin. Die beiden heiraten unverzüglich. Doch als das junge Paar in Johns Familienstammsitz zurückkehrt, reagiert Johns Mutter allergisch auf die neue Schwiegertochter.

Larita bemüht sich zwar nach Kräften, sich in die Familie einzufügen, aber kann das Minenfeld, das ihre Schwiegermutter für sie auslegt, nicht umgehen. Larita wird schnell klar, dass Mrs. Whittaker ein perfides Spiel mit ihr treibt, und dass sie sich wehren muss, wenn sie John nicht verlieren will.

Nach einem geistigen Wettstreit fliegen bald die Funken zwischen den beiden Frauen. Mrs. Whittaker nutzt fortan jede Gelegenheit, um Larita bloßzustellen – während die auf frustrierende Weise die Ruhe bewahrt und einen frechen Gegenschlag plant.

Es dauert nicht lang, und Mrs. Whittakers Manipulationen zeigen ihre Wirkung bei John. Larita fürchtet, dass ihre Liebe ihr immer mehr entgleitet. Als am Ende auch noch ein großes Geheimnis aus ihrer Vergangenheit enthüllt wird, holt Larita endlich aus zu einem Befreiungsschlag aus...

Regisseur Stephan Elliott (Priscilla - Königin der Wüste) adaptierte das Stück nach seinen eigenen Vorstellungen mit hervorragenden Schauspielern, allen voran Colin Firth und Kristin Scott Thomas. Und Jessica Biel in der Hauptrolle setzt seiner Vision noch den Punkt aufs i.

»Wir wollten keinen Epochenfilm drehen«, erzählt Elliott. »Wir wollten einen modernen Film für ein modernes Publikum machen. Also versuchten wir, dem Ganzen eine zeitgenössische Stimme zu verleihen. Dann kamen die Schauspieler an Bord und gingen sofort in Coward-Modus. Ich musste sie dazu bringen, so zu sprechen, wie sie es im normalen Leben auch tun, bis wir irgendwann auf einen gemeinsamen Nenner gekommen waren. Wir sind auch völlig verrückt an die Musik herangegangen und haben ein paar außergewöhnliche Spezialeffekte eingebaut, die normalerweise nicht zu einem Epochenfilm gehören.«

Das Originalbühnenstück von Nick Coward ist eigentlich ein Melodram und keine seiner charakteristischen Komödien, was eine große Herausforderung für Elliott und Mitautor Sheridan Jobbins war. Letzterer war zunächst nicht so sehr von der Idee angetan, doch als der Regisseur plötzlich Coward zitierte, hatten sie den Stil für ihr Drehbuch gefunden: „Witz ist ein Gewürz und keine Soße...“

Und witzig kommt der Film auch daher, ob nun verbale Fetzen fliegen oder Situationskomik herrscht, was eine der erinnerungswürdigsten Szenen des Films hervorruft, als sich Larita versehends auf den die ganze Zeit nervig kläffenden Chihuahua Poppy setzt.

Auch bei der Musikauswahl setzt Elliott auf Mixturen. Da klingt schon mal der Discoklassiker „Car Wash“ im 20er-Jahre-Charleston-Stil. Und im Abspann hört man sogar die Hauptdarsteller im Billy-Ocean-Klassiker „When the going gets tough, the Tough get going“ singen!

Sicher ist der Film nicht gerade ein Meisterwerk, was den verspäteten Kinostart hierzulande u.a. auch erklärt. Aber er ist hervorragend gespielt, schmunzelnd lustig und wie das Original auch genug melodramatisch. Das Einzige, was dem Film und Elliott anzukreiden ist: Er kann sich nicht entscheiden - ist er eine leicht melodramatische Komödie oder ein sehr leichtfüßiges Melodram? Für eine laue Sommernacht reicht's zumindest. ■


OT: Easy virtue
GB/Kanada 2008
Drama
FSK: Freigegeben ab 6 Jahren
97 min


mit
Jessica Biel (Larita Whittaker) Stephanie Kellner
Ben Barnes (John Whittaker) Jan Panczak
Kristin Scott Thomas (Mrs. Whittaker) Dagmar Dempe
Colin Firth (Mr. Whittaker) Frank Röth
Kimberley Nixon (Hilda Whittaker) Shandra Schadt
Katherine Parkinson (Marion Whittaker)
Kris Marshall (Furber)
Christian Brassington (Phillip Hurst)
Charlotte Riley (Sarah Hurst)

musik
Marius de Vries

kamera
Martin Kenzie

drehbuch
Stephan Elliott
Sheridan Jobbins
nach dem Bühnenstück von Noel Coward

regie
Stephan Elliott

produktion
Ealing Studios
Fragile Films
Endgame Entertainment
BBC Films
Joe Abrams Productions
Odyssey Entertainment
Prescience Production Partnerships

verleih
Sony Pictures