Multiplex
True Grit
Kinostart: 24.2.2011 | Autor: mz

Joel & Ethan Coen sind Meister ihres Fachs. Mit jedem neuen Film überraschen sie auf stilistisch und inszenatorisch eigenwillige Weise. Mit True Grit erweisen sie nach dem preisgekrönten No Country for old Men erneut dem Westerngenre Reverenz. Diesmal hatten sie sich ein Remake des Westerns Der Marshall aus dem Jahre 1969 vorgenommen, der wiederum auf einer Romanvorlage von Charles Portis basiert, die in Deutschland unter dem Namen „Die mutige Mattie“ erschienen ist.

Die 14jährige Mattie Ross ist fest entschlossen, den kaltblütigen Mord an ihrem Vater nicht ungesühnt zu lassen. Da die Behörden ihr nicht helfen, will sie den feigen Mörder Tom Chaney mit eigenen Mitteln seiner gerechten Strafe zuführen.

Für 100 Dollar engagiert sie den trunksüchtigen und raubeinigen U.S. Marshall 'Rooster' Cogburn, der es mit dem Gesetz selbst alles andere als genau nimmt. Widerwillig lässt er sich von Mattie überreden, sie auf die Jagd nach Chaney mit zu nehmen – quer durch die gesetzlosen Weiten der Prärie.

Doch sie sind nicht allein, denn auch Texas Ranger LaBoeuf, der sich [labief] ausgesprochen haben möchte, will den Flüchtigen stellen, um eine Kopfprämie zu kassieren, die auf Chaney wegen eines weiteren Mordes ausgesetzt ist. Unfreiwillig ziehen sie zu dritt weiter und schon bald kommt Mattie dem Mörder ihres Vaters gefährlich nah...

Die Erstverfilmung 1969 war damals schon ein neuartiger Western, denn in Bezug auf den Vietnamkrieg musste man den Heldenstatus ein wenig herunterdrehen. So wurde der einst als Held angesehene Gesetzeshüter zum Antihelden, der Whiskey trinkt und dementsprechend die meiste Zeit entweder betrunken ist oder seinen Rausch ausschläft. Doch wenn es darauf ankommt, kann Marshall Cogburn knallhart sein und trifft sein Ziel immernoch mit 90%iger Wahrscheinlichkeit.

Damals spielten John Wayne Marshall Cogburn, Countrysänger Glen Campbell („Rhinestone Cowboy“), der damals auch den Titelsong sang, den Texas Ranger und die mit kurzem Haarschnitt knabenhafte Kim Darby spielte Mattie Ross. Als Bandenchef Ned Pepper war damals Robert Duvall und als Moon Dennis Hopper zu sehen, der kurz darauf mit Easy Rider berühmt wurde.

Die Erstverfilmung trug den deutschen Titel Der Marshall. Das war dem deutschen Verleih vermutlich zu deutsch, daher ließ man den Originaltitel True Grit, was man mit „echter Schneid“ übersetzen kann. Vielleicht wollte man sich bei Paramount vom '69-er Film distanzieren? Im Original heißen alle Werke „True Grit“ - der Roman und beide Verfilmungen.

Vergleichen wir mal beide Filme, denn die Geschichte ist in beiden Filmen fast bis auf den Dialogsatz genau identisch. In der Neuverfilmung wirken die Szenenbilder recht kalt und rau, dunkel und leer, während im Original alles mit warmen Tönen, knalligem Grün der Wälder und Wiesen gehalten ist. Das war alles sehr idyllisch, während man bei der Neuverfilmung dort eigentlich nicht verweilen möchte.

Die damalige Gottesfürchtigkeit unter den Menschen wurde in der Neuverfilmung heruntergeschraubt, dafür wurden Szenen neu eingefügt, die mehr die Brutalität des rauen wilden Westens unterstreichen. Das nachgetragene Ende der Neuverfilmung, das zwar deprimierend, aber dennoch, in Bezug auf die Medizin im wilden Westen, glaubwürdiger ist, hätte allerdings nicht unbedingt sein gemusst.

Allein die Vorstellung, der Marshall würde sich einem Zirkus anschließen, klingt nach einer Erfindung der Coen-Brüder. Auch der Südstaatenakzent, den Jeff Bridges auftischt, ist ein Greuel für jeden Nichtsüdstaatler, denn ohne Untertitel ist dieser kaum zu verstehen. Da lob ich mir doch den gut verständlichen John Wayne.

Sicher, mit Akzent ist der Film authentischer. Vielleicht ist das auch der Grund, warum sie den Film gemacht haben - um den rauen wilden Westen mit all seinen Realitäten aufzuzeigen. Das ist aber nicht unbedingt das, was man sehen möchte, vom geringen Unterhaltungswert ganz zu schweigen. Den hatte das Original damals auch schon. Da konnte man jedoch alles verstehen und konnte sich wenigstens an der Landschaft erfreuen.

Rooster Cogburn (Jeff Bridges) mit Mattie Ross (Hailee Steinfeld)
© Paramount Pictures

OT: True Grit
USA 2010
Western
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
110 min


mit
Jeff Bridges (Deputy Marshall Reuben J. 'Rooster' Cogburn) Joachim Tennstedt
Matt Damon (La Boeuf) Simon Jäger
Hailee Steinfeld (Mattie Ross) Victoria Frenz
Barry Pepper ('Lucky' Ned Pepper) Dennis Schmidt-Foß
Josh Brolin (Tom Chaney) K. Dieter Klebsch
Dakin Matthews (Col. Stonehill)
Jarlath Conroy (Leichenbestatter)
Paul Rae (Emmett Quincy)
Domhnall Gleeson (Moon)
Elizabeth Marvel (40-jährige Mattie)
Roy Lee Jones (Yarnell)
Ed Corbin (Bär-Mann)
Leon Russom (Sheriff)

musik
Carter Burwell

kamera
Roger Deakins

drehbuch
Joel Coen
Ethan Coen
basierend auf dem Roman von Charles Portis

regie
Ethan Coen
Joel Coen

produktion
Paramount Pictures
Skydance Productions
Scott Rudin Productions
Mike Zoss Productions

verleih
UPI

Es mag zwar bei der Neuverfilmung des Romans alles ganz echt wirken, doch den Unterhaltungswert der bisherigen Werke der Coens sucht man vergebens. Was schon in der damaligen Verfilmung witzig herüber kam, kommt auch diesmal, außer vielleicht, dass die beiden Gesetzeshüter diesmal mehr wie ein altes Ehepaar zetern, besonders nachdem Rooster LaBeouf versehentlich anschießt.

Aber allein das macht den Film noch nicht sehenswert. Die Hauptfiguren sind ohne jeden Zweifel hervorragend gespielt, allen voran die 14-jährige Hailee Steinfeld, die den Film vorantreibt und im Gegensatz zu Kim Darby lange Zöpfe trägt, was wiederum ein weiterer Streitfall in Sachen Authentizität ist.

Fazit: Man kann sich den Film ansehen, wenn im Original dann nur mit Untertiteln, kann sich die Neuverfilmung aber auch sparen und sich gleich den Film von 1969 ansehen, der im Zuge des Kinostarts der Neuverfilmung jetzt auf Blu-Ray erhältlilch ist. ■