Multiplex
Der Biber
Kinostart: 19.5.2011 | Autor: mz

„Diese Person befindet sich in der Obhut einer therapeutischen Puppe. Bitte verhalten Sie sich wie immer, nur, dass Sie ab jetzt mit der Puppe sprechen.“

Oscar®-Preisträgerin Jodie Foster (Das Wunderkind Tate, Familienfest und andere Schwierigkeiten) kehrt nach längerer Pause endlich auf den Regiestuhl zurück und schafft mit Der Biber ein beeindruckendes Familienporträt. Glaubhaft und mit viel Feingefühl füllt sie außerdem ihre Rolle als liebevolle Ehefrau und Mutter an der Seite von Oscar®-Preisträger Mel Gibson (Der Mann ohne Gesicht, Forever Young) aus.

Walter Blacks Leben scheint perfekt: Er leitet eine Spielzeugfirma, hat eine liebevolle Ehefrau und ist Vater zweier Söhne. Doch Walter leidet an einer schweren Depression und kann deshalb keiner dieser Rollen mehr gerecht werden. Sein Leben gerät immer stärker aus den Fugen, bis ihn seine Frau schließlich vor die Tür setzt.

Beim Ausmisten seines Kofferraums entdeckt er eine Biber-Handpuppe, die sich als wahre Rettung erweist, denn von diesem Zeitpunkt an lässt Walter den Biber für sich sprechen. Zwar reagiert seine Umwelt zunächst höchst irritiert, mit der Zeit akzeptiert sie aber Walters eigenwilliges Verhalten und lernt die Vorzüge der Handpuppe zu schätzen.

Auf einmal scheint Walter wie ausgewechselt. Dank des Bibers bekommt sein Leben wieder einen Sinn: Im Job ist er erfolgreicher als je zuvor und auch sein Eheleben erhält neue Inspiration. Je „perfekter“ der Biber Walters Persönlichkeit jedoch annimmt, desto mehr verliert Walter die Kontrolle über sein neues Leben...

Im Gegensatz zu vielen Vermutungen ist Der Biber keine Komödie sondern ein Familiendrama, in dessen Mittelpunkt ein Vater-Sohn-Konflikt steht. Mel Gibson nach langer Zeit mal wieder in einem Drama zu sehen, ist schon ungewohnt. Doch auch hier spielt er die Rolle des depressiven Vaters von Anfang bis Ende glaubwürdig.

In manchen turbulenten Szenen mit dem Biber erinnert er mit seiner Mimik allerdings ein wenig an die Verrücktheiten seines Martin Riggs aus den Lethal-Weapon-Filmen. Es ist schon merkwürdig, einen erwachsenen Mann mit einer Handpuppe durch die Gegend laufen zu sehen, und gewiss auch schwer, diesen auch ernst zu nehmen.

Anfangs geht es der Familie genauso. Doch schon bald wird der Biber zur allgemeinen Last, besonders für Meredith, die alles daran setzt, dass Walter die Puppe wieder abstreift. Er duscht mit ihr, schläft mit ihr, sogar beim Sex streift er sie nicht ab, nur um nicht wieder ins depressive Loch zu fallen.

Sein jüngster Sohn Henry, der als Running Gag immer mal wieder von seiner Mutter beim Abholen von der Schule übersehen wird, findet dagegen den Biber äußerst inspirierend und beginnt, in der Garage herumzuwerken, Dinge aus Holz zu fabrizieren. Der Hauptaugenmerk und Zweithandlung ist jedoch die Entfremdung zu seinem ältesten Sohn Porter, gespielt von Anton Yelchin (Charlie Bartlett, Alpha Dog).

Porter setzt alles daran, nicht so zu werden wie sein depressiver Vater. Er sammelt Notizzettel, auf denen er die Gewohnheiten seines Vaters aufgelistet hat, damit er nicht so wird wie dieser. Und wenn er mal wieder verzweifelt ist, hat er hinter einem Bild in seinem Zimmer bereits eine Delle in der Wand, in die er dann seinen Kopf schlägt.

In der Schule ist er Anlaufpunkt für gemachte Hausaufgaben. Als ihn eines Tages die bezaubernde Cheerleaderin Norah, gespielt von Jennifer Lawrence (►Winter's Bone), ihre Abschlussrede zu verfassen, kommen sich die beiden näher. Dabei muss er feststellen, dass auch sie kein einfaches Leben hat, wie es sonst den Anschein besitzt.

Schon bald landet er in derselben Falle wie sein Vater, kapselt sich ab und liegt nur noch schlafend auf der Couch. Jodie Foster als Meredith ist die Einzige, die mit beiden Beinen im Leben steht, arbeitet, sich um die Familie kümmert, und versucht, sie zusammenzuhalten.

Das gelingt Jodie Foster als Regisseurin nur bedingt, was wahrscheinlich am Drehbuchneuling Kyle Killen liegt. Es gibt hier zwei parallele Handlungen, die gleich viel Raum einnehmen und sich so gegeneinander ausspielen, die am Ende zwar zusammenlaufen, man trotzdem aber das Gefühl hat, zwei verschiedene Filme zu sehen.

Auch die Kameraeinstellungen von Hagen Bogdanski (Fall 39, Das Leben der Anderen) sind etwas unpassend. Man sieht Mel Gibson und den Biber gleichzeitig „sprechen“, was gewiss gewollt war, oft ist jedoch einer von beiden nur halb im Bild. Es fehlt einfach ein Fixpunkt.

Der Biber ist ein relativ ruhiges Familiendrama mit Schmunzelfaktor, der allerdings zum Schluss im Halse stecken bleibt. Den Film als Komödie zu vermarkten wär von Grund auf falsch, weshalb der Film auch nicht so gut davon kommen wird. ■

© Concorde

OT: The Beaver
USA/VAE 2011
Drama
FSK: noch keine Bewertung
91 min


mit
Mel Gibson (Walter Black) Elmar Wepper
Jodie Foster (Meredith Black) Hansi Jochmann
Anton Yelchin (Porter Black)
Riley Thomas Stewart (Henry Black)
Jennifer Lawrence (Norah)
Cherry Jones (JerryCo. VP)

musik
Marcelo Zarvos

kamera
Hagen Bogdanski

drehbuch
Kyle Killen

regie
Jodie Foster

produktion
Icon Entertainment International
Icon Film Distribution
Summit Entertainment
Participant Media
Imagenation Abu Dhabi FZ
Anonymous Content

verleih
Concorde

Regisseurin Jodie Foster im Gespräch mit Anton Yelchin
und Jennifer Lawrence am Set
© Concorde