Kinostart: 20.8.2009 | Autor: mz
Der Hype um den Film war und ist groß. Wer da alles mitspielt...ein Film über den 2. Weltkrieg von Quentin Tarantino...! Das muss ein Gemetzel werden... Weit gefehlt! Das Einzige, was der Film mit dem vermeintlichen italienischen Original von 1978, in dem Raimund Harmstorf mitspielte, gemein hat, ist der Schriftzug des US-Titels, allerdings mit dem Unterschied des „e“s in „Basterds“. Es ist nicht einmal ein Kriegsfilm und die Titelfiguren scheinen nicht einmal die Hauptfiguren in diesem Spiel zu sein - tragende Rollen ja, aber Hauptfiguren eher nein. Worum geht es?
Im ersten Jahr der deutschen Besatzung Frankreichs. Shosanna Dreyfus muss mit ansehen, wie der Nazi Oberst Hans Landa ihre gesamte Familie ermordet. Shosanna gelingt es, nur knapp zu entkommen. Sie flieht nach Paris und legt sich dort eine neue Identität als Besitzerin eines Kinos zu.
Anderswo in Europa stellt Leutnant Aldo Raine eine Gruppe bestehend aus jüdisch-amerikanischen Soldaten zusammen, die flinke, schockierende Vergeltungsschläge begehen soll. Später werden sie dem Feind als „Die Bastarde“ ein Begriff sein. Raines Truppe kontaktiert die deutsche Schauspielerin und Geheimagentin Bridget von Hammersmark für einen Einsatz, um die Führer des III. Reichs zu töten. Schicksale verschmelzen im politischen Untergrund und Schutz von Shosannas Kino. Die junge Frau plant dabei ihren ganz persönlichen Rachefeldzug...
»Let's kill some Nazis!«
Eigentlich ist der Film, oberflächlich gesehen, eine Aneinanderreihung bekannter Obsessionen Tarantinos. Es wird viel geredet, um den heißen Brei und mitten hindurch, dann wird dieser breitgeklopft, bis eine Form entsteht, die dann mit einer jeweils einminütigen Schlachteplatte vernichtet wird. Man sieht auch in den sogenannten Opening Credits, also da, wo die Namen stehen, quasi im Vorspann, die Verspieltheit Tarantinos. Gerade 4 Namen haben dieselbe Schriftart, zack! - plötzlich haben die nächsten vier Namen einen anderen Schriftzug. Auch die Musik darunter kommt einem bekannt vor. Man erwartet bei diesem Vorspann eine Mischung aus Pulp Fiction und Tarantinos Grindhouse-Filmen.
Was herauskommt ist eine Mischung aus Italowestern, Widerstandsthriller und Kinohommage. Immer wieder gibt es fantastische Kameraeinstellungen, als würde man einen Comic lesen, ganz zu schweigen von der ewig langen Anfangssequenz, die in ihren Einstellungen an Sergio Leones Spiel mir das Lied vom Tod erinnert, und damit das insgeheime Motto des Films offenbart. Es ist jedoch weniger ein Lied als viel mehr eine Oper, was die Länge des Films und dessen Unterteilung in Kapitel, die dann eigentlich Akte heißen müssten, betrifft. Es ist eine fiktive Abrechnung mit dem Thema 2. Weltkrieg und den Nazis. Interessant ist auch die genugtuende Bestrafung der von den „Basterds“ am Leben gelassenen Nazis, die mit einem eingeritzten Hakenkreuz auf der Stirn gebrandmarkt werden.
Besonders erwähnt werden müssen auch einige Schauspieler, allen voran Christoph Waltz, der in seiner Rolle als SS-Oberst Landa mit einer oscarreifen Darstellung beeindruckt, vor allem wenn er ohne akzentische Übergänge zwischen Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch wechselt, ohne dabei seine fies-freundliche Hinterhältigkeit abzulegen. Aber auch neben Daniel Brühl als naiv-idealistischen Kriegsheld, der in einem wahnwitzig bescheuerten Film sein Scharfschützenmassaker fürs Kino inszenieren darf, glänzen August Diehl als blitzschlauer GeStaPo-Mann, Diane Krüger als Filmdiva, die für den Geheimdienst arbeitet, als auch die bezaubernde Mélanie Laurent (Der wilde Schlag meines Herzens, So ist Paris), die die mit Rachsucht getränkte, kühl kalkulierende Franko-Jüdin Shosanna spielt, die am Ende durch das Verbrennen von Filmen über die Naziherrschaft siegt.
Nie zuvor hat es jemand mit seinem unerschütterlichen Glauben daran, dass das Kino das Böse auslöschen kann, so wortwörtlich genommen. Es ist zwar ein langwieriger Prozess, aber ohne Fleiß gibt es ja bekanntlich keinen Preis. Es ist kein Metzelfilm in bekanntem tarantinoesquen Sinn, es ist aber auch kein Film für schwache Gemüter. Hier und da spritzt schon mal Blut, Nazis werden explizit skalpiert und Leute psychologisch gefoltert, manchmal leider auch der Zuschauer. Doch die brillanten Dialoge und die Orginalität des Stoffes werten den Film wieder auf, so dass man am Ende des Films nicht weiß, ob man den Film nun gut finden soll oder nicht. Vielleicht kann man sich ja darauf einigen, zu sagen: Es ist eine cineastische Verbeugung vor bekannten Filmklassikern mit einer waghalsigen Geschichte, die zu genugtuend ist, um wahr zu sein. ■
OT: Inglourious Basterds
USA/D 2009
Kriegsfilm/Thriller/Drama
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
154 min
mit
Christoph Waltz (Colonel SS Hans Landa)
Mélanie Laurent (Shosanna Dreyfus) Emily Behr
Daniel Brühl (Gefreiter Frederick Zoller)
Brad Pitt (Lt. Aldo Raine) Tobias Meister
Diane Krüger (Bridget von Hammersmark)
Eli Roth (Sgt. Donny Donowitz) Tobias Kluckert
Michael Fassbender (Lt. Archie Hicox) Norman Matt
Til Schweiger (Sgt. Hugo Stiglitz)
Denis Menochet (Perrier LaPadite) Gill Gavois
August Diehl (Major Dieter Hellstrom)
Alexander Fehling (Master Sgt. Wilhelm)
Mike Myers (General Ed Fenech) Oliver Rohrbeck
Sylvester Groth (Joseph Goebbels)
Gedeon Burkhard (Cpt. Wilhelm Wicki)
Rod Taylor (Winston Churchill) Klaus Sonnenschein
Martin Wuttke (Adolf Hitler)
musik
Charles Bernstein
Ennio Morricone
Lalo Schifrin
Jacques Loussier
kamera
Robert Richardson
drehbuch
Quentin Tarantino
regie
Quentin Tarantino
produktion
Universal Pictures
The Weinstein Company
A Band Apart
Zehnte Babelsberg Film
verleih
Universal

