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Lie to me - Interview mit Tim Roth
Mittwoch, 10.3.2010 | Autor: mz

Tim Roth wurde 1961 in London, unter dem Namen Timothy Simon Smith geboren. Er ist der Sohn eines Journalisten und einer Malerin. In London besuchte Roth zunächst das Camberwell College of Art, um Bildhauerei zu studieren, bis er seine Leidenschaft fürs Schauspiel entdeckte. Trotz fehlender Ausbildung erhielt er bald erste Theaterrollen in England.

Seine erste Filmrolle übernahm er 1982 in dem TV-Film Made in Britain, sein Kinodebüt folgte bereits zwei Jahre später in dem Film Die Profi-Killer an der Seite von Terence Stamp und John Hurt. Der Erfolg setzte sich fort in Filmen wie Mord mit doppeltem Boden mit Bette Davis, Little Odessa, Rosenkranz und Güldenstern sind tot mit Gary Oldman sowie Peter Greenaways Der Koch, der Dieb, seine Frau & ihr Liebhaber.

Seinen internationalen Durchbruch schaffte er wenig später mit seiner Besetzung in Quentin Tarantinos Regiedebüt Reservoir Dogs (1992). Zwei Jahre später stand Roth erneut für Tarantino vor der Kamera – diesmal in den Kultfilmen Pulp Fiction und Four Rooms.

Für seine Rolle in dem Kinoerfolg Rob Roy wurde Roth 1995 für den Oscar® und den Golden Globe nominiert. An der Seite des später ermordeten Rappers Tupac Shakur glänzte er in Gridlock'd - Voll drauf! (1996).

Mit seinem Regiedebüt The War Zone, einem Inzestdrama, erregte er zudem im Jahr 1998 international für Aufsehen. Verheiratet ist Tim Roth seit 1993 mit Nikki Butler, mit der er zwei gemeinsame Söhne hat. Ein weiterer Sohn stammt aus erster Ehe mit der Schauspielerin Lori Baker. Jetzt ist er in der Krimiserie Lie to me auf VOX zu sehen.

Die Serie ist in den USA bereits zu sehen. Was reizt Ihrer Meinung nach das Publikum immer wieder einzuschalten?

Ich glaube, es macht dem Publikum Spaß, wenn sie anderen Menschen beim Lügen zuschauen können. Ich kriege immer wieder Reaktionen von Fans, meist sind es Paare. Sie erzählen mir dann, dass sie die Technik, die wir in der Serie anwenden, an ihren Partnern ausprobieren und sie somit besser und schneller beim Lügen ertappen. [lacht]

Die Serie ist also eine Art Paartherapie?

Ja, so ungefähr. Das ist ja so großartig an dieser Serie. Du kannst sie in irgendeiner Form zuhause anwenden. Welche TV-Serie kann das schon?

Mr. Roth, worauf können sich die Zuschauer in der neuen Serie besonders freuen?

Auf viele kleine Lügen. [lacht] Es ist eine wirklich besondere Show, die mir persönlich sehr viel Spaß macht. Meine Figur heißt Dr. Carl Lightman, ich spiele einen Psychologen, der anhand der Körpersprache, Gesichtsausdrücke und sogenannten Mikroausdrücke bei Menschen erkennen kann, ob sie die Wahrheit sagen oder lügen.

Was hat Sie an der Serie gereizt?

Wenn ich ehrlich bin, ich habe zunächst abgelehnt, weil ich nicht sicher war, ob ich ein so langes Engagement annehmen konnte. Sowas habe ich zuvor noch nicht gemacht. Was mir aber an der Figur gefallen hat, und es war die Rolle, die mich wirklich gereizt hat zuzusagen, war die Möglichkeit, diese zu entwickeln. Der Horizont der Figur ist ziemlich weit und man kann leicht mit allen möglichen Ereignissen ankommen, in die er verwickelt werden wird. Ich war also der Meinung, dass die Figur Potenzial zur Langlebigkeit hatte und dass es Spaß machen würde, sie zu spielen, weil er so ein notorischer Lügner ist. Ich meine, er lügt bei jeder Gelegenheit. Und das hat mir gefallen. Die Figur selber ist eine Art Schauspieler. Und das hat mir irgendwie besonders gut gefallen. Ich war jedoch nicht sicher, ob ich bereit war, diesen Weg zu gehen, weil es ein ziemlich steiniger Weg ist.

Die Charaktere Lightman und sein weibliches Pendant Dr. Gillian Foster gelangen auf verschiedene Weisen zum gleichen Ziel.

Ja, das ist auch eins der Dinge, die im Laufe der Zeit mehr und mehr ausgearbeitet werden. Es gibt einen Grund dafür, warum die beiden zusammenarbeiten und warum sie sich ergänzen. Sie kann ihn im Zaum halten, weil er dazu neigt, die Kontrolle zu verlieren. Es existiert also ein gutes Gleichgewicht. Und das Arbeiten mit meiner Kollegin Kelli Williams reflektiert das für mich. Weil ich, was das Schauspielern angeht, einen so anderen Hintergrund habe als sie. Zunächst einmal komme ich aus England, es ist aber auch mein erster Schritt ins Serienfach. Das ist eine ziemlich schwierige Welt für jemanden wie mich. Manchmal fühlt man sich wie gefangen in einem Käfig, so eingeschränkt, und das ist unangenehm. Aber meine Figur will das ja auch nicht, also kann ich ein wenig wild und unkontrolliert werden und Kelli fängt mich dann wieder ein. Das tut sie oft. Realität und Fiktion verbinden sich also wunderbar.

Haben Sie durch die Mitarbeit an dieser Serie auch privat viel übers Lügen gelernt?

[lacht] Ja, das habe ich. Ich erwische meine Kinder jetzt viel schneller, wenn sie mal nicht die Wahrheit sagen. Nein, wenn ich ganz ehrlich bin, dann bin ich privat ein rechter Holzklotz, wenn es darum geht, Menschen beim Lügen zu ertappen.

Fänden Sie es erstrebenswert, die Fähigkeiten von Lightman zu besitzen?

Oh, das ist eine schwierige Frage. Wie gesagt, ich bin recht naiv, wenn es um das Erkennen von Lügen geht. Aber als Vater habe ich natürlich ein Verständnis dafür, wenn meine Kinder mich anschwindeln. Von daher habe ich sicherlich auch ein bisschen die Fähigkeiten, die Lightman besitzt. Aber möchte ich jeden Tag durchs Leben gehen und jeden Menschen bei einer Lüge ertappen? Nein, das wäre mir viel zu anstrengend.

Haben Sie in Ihrem privaten Leben schon einmal eine perfekte Lüge erzählt?

Ja, habe ich. Nächste Frage. [lacht]

Ich finde es toll, dass in der Serie auch Gesichter realer Persönlichkeiten aus unserem Leben eingebaut werden, um darzustellen, was die einzelnen Gesichtsausdrücke bedeuten.

Ja, das ist ein guter Trick. Sie bringen wahre Persönlichkeiten in die Serie, besonders dann, wenn es sich um Politiker handelt, weil das jeder versteht – das berühmte Gesicht. Ich finde, das ist eine gute Sache. Dann sagt man nämlich plötzlich: „Das stimmt wirklich! Das funktioniert tatsächlich!“ Das macht ein Gleichgewicht aus. Wenn man ein zu großes Gewicht auf die Wissenschaft in der Serie legt, dann schreckt das die Zuschauer ab. Zu wenig, dann sieht's aus wie Zauberei. Man muss also ein Gleichgewicht finden.

Da in Lie to me auch die kleinsten Gesichtsausdrücke eine große Rolle spielen, ist diese Serie nichts für „Botox-Fans“, oder?

[lacht] Nein, das ist sie wahrlich nicht. In unserer Serie können alle Kollegen in Würde altern. Aber sobald die Staffel abgedreht ist, werde ich an mir alles machen lassen, darauf können Sie sich verlassen. [lacht laut]

Es scheint eine sehr enge Verbindung zu den Schauspielern zu geben. Sie loben Sie alle in den höchsten Tönen.

Das habe ich ihnen befohlen. Ja, wirklich. Unter Androhung von Folter. Nein, im Ernst: Die Besetzung ist toll. Wenn das nicht der Fall wäre, dann wäre es sehr schwierig für mich, diese Erfahrung zu machen. Und es gibt Situationen, in denen unter den Mitgliedern der Besetzung Konflikte entstehen. Hier ist es aber ganz anders. Wir verstehen uns so gut. Brendan kommt aus einer ganz anderen Welt der Schauspielerei, Monica kommt gerade aus dem College, sie lernt also den Beruf noch, und Kelli hat sowas schon oft zuvor gemacht und sie kennt das Material, weiß, wie man Dinge tut, überlebt und für sich selber nutzen kann. Und dann bin da noch ich, der vom Film und Theater kommt. Ich denke, dass das eine interessante Gruppe ausmacht. Und wir passen wirklich aufeinander auf, weil es ein sehr harter Job ist.

Was sind Ihre Hoffnungen für die Serie?

Ich hoffe, dass sie funktioniert. Für mich als Außenseiter, der dazugekommen ist, ist es faszinierend zuzusehen, wie sie zu sich selbst findet. Und ich denke, dass es darum in der ersten Staffel geht, der Versuch danach zu suchen, wo sie hingehört, was sie ist, und ich glaube, dass wir das hinkriegen. Ich glaube auch, dass wir die Zuschauer ansprechen. Mein Wunsch ist, dass sie funktioniert und dass wir die Gelegenheit haben, ein paar Staffeln lang herumzuspielen und ausprobieren, ob es auch länger funktioniert. Ich sehe das als ein Experiment. So ähnlich wie der Versuch, einen kleinen Film oder ein Theaterstück zu machen, alle acht Tage, und zu schauen, ob wir das Publikum erreichen, sie einspannen können, ihnen etwas zu denken geben und Freude zu machen. Ich hoffe also, dass wir ein wenig herumspielen können für eine Weile. Es ist allein schon interessant dabei zu sein und zu erleben, ob ich stark genug dafür bin, weil es wirklich anstrengend ist. ■

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