Kinostart: 10.9.2009 | Autor: mz
Ähnlich wie bei J.J. Abrams' Projekt Cloverfield war auch wenig von Peter Jacksons neuem Film zu hören. Nach seiner epischen Herr-der-Ringe-Trilogie produzierte er nun das sozialkritische SciFi-Projekt District 9, bei dem er auch als kreativer Kopf fungierte. Unter der Regie von Neill Blomkamp, der auch das Drehbuch schrieb, entstand ein intelligenter Science-Fiction-Film, der mit seinem halb dokumentarischen Erzählstil eine Menge Emotionen freisetzt und den Zuschauer immer mehr in seinen Bann zieht.
Vor über 20 Jahren nahmen Außerirdische das erste Mal Kontakt mit der Erde auf. Die Menschen rechneten daraufhin mit einem feindlichen Angriff oder einem gigantischen technologischen Fortschritt. Doch nichts davon trat ein. Stattdessen stellten sich die Kreaturen als Flüchtlinge ihres Heimatplaneten heraus. Während die Nationen der Welt darüber diskutierten, was mit ihnen geschehen soll, wurden sie in einem Notauffanglager interniert - im District 9.
Jetzt, nach Jahren ergebnisloser Verhandlungen, sind alle Nationen mit ihrer Geduld am Ende. Die Kontrolle über die nichtmenschliche Spezies wird einem privaten Unternehmen übertragen, der Multi-National United (MNU). Der Konzern ist jedoch nicht am Wohl der ungeliebten Besucher interessiert, sondern verfolgt nur ein Ziel: Mit den mächtigen Waffen der Aliens großen Profit zu machen. Doch bislang sind alle Versuche, diese Waffen zu aktivieren, fehlgeschlagen - denn dazu braucht man die DNS der Außerirdischen.
Die wachsenden Spannungen zwischen den Außerirdischen und den Menschen erreichen ihren Höhepunkt, als die MNU damit beginnt, alle nichtmenschlichen Wesen vom District 9 in ein neues Camp zu verlegen. Bei dieser Evakuierung infiziert sich der MNU-Agent Wikus van der Merwe mit einem mysteriösen Virus, das seine DNS verändert. Plötzlich wird Wikus zum meistgesuchten und gleichzeitig verletzlichsten Mann der Erde, denn er ist der Schlüssel, um das Geheimnis der Alientechnologie zu lüften. Geächtet und ohne Freunde gibt es für ihn nur einen Ort, um sich zu verstecken: District 9. Mit der Hilfe des Außerirdischen Christopher will er den Verwandlungsprozess aufhalten, und wenn es denn gehen sollte, umkehren. Doch dieser hat ganz andere Pläne...
Im Gegensatz zu den üblichen Hollywoodproduktionen wählten Jackson und Blomkamp Johannesburg als Schauplatz aus. Und das kam nicht zufällig zustande. Der Ursprung des Films liegt in einem Film, den Blomkamp 2005 in einem Slumviertel seiner Heimatstadt Johannesburg gedreht hatte - einer fiktiven Dokumentation über intergalaktische Immigranten namens Alive in Jo'burg. In diesem Kurzfilm ging er mit einer Kameracrew durch die Straßen und versuchte, echte Reaktionen der Menschen dort einzufangen. Schon bald erkannte er, das sich seine Idee mit dem wirklichen Konflikt und dem gegen den Zustrom von Einwanderern aus Nachbarländern häufig vorherrschenden Fremdenhass unter den Bewohnern Johannesburgs verzahnte. Die von der Kamera eingefangenen echten Reaktionen der Leute verliehen dem Kurzfilm eine Dynamik, die die Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit verwischen ließ.
Die Filmemacher sagen zwar, dass bei District 9 keine direkte Metapher für die Zuwanderungsprobleme Südafrikas beabsichtigt ist, doch Hauptdarsteller Sharlto Copley, der mit dem Regisseur befreundet und dort aufgewachsen ist, sagt dazu: »In Südafrika müssen wir mit Problemen kämpfen, die die Menschen überall auf der Welt allgemein versuchen, unter den Teppich zu kehren.« Nach dem Drama Catch a Fire von 2006 mit Tim Robbins in der Hauptrolle ist District 9 eine weitere Filmproduktion, die, auch wenn nicht direkt beabsichtigt, auf die immernoch existierenden Probleme Südafrikas aufmerksam machen.
Neill Blomkamp, der als 3D-Zeichner für Serien wie Stargate und First Wave - Die Prohezeihung oder auch für die Filme Aftershock - Das große Beben und Crime is King - 3000 Miles to Graceland (Wer erinnert sich da nicht an die animierte Skorpionkampfszene im Vorspann!?) arbeitete, präsentiert hier in seinem Spielfilmdebüt mit Hilfe von Peter Jackson und Mitautor Terri Tatchell eine etwas aufwändigere Version seines Kurzfilms. Sie entwickelten die Hauptfigur Wikus und zwei zentrale Aliencharaktere, Christopher Johnson und seinen Sohn Little C.J., angelehnt an die Namensgebung der Außeridischen im Film (und in der Serie) Alien Nation - Spacecop L.A., worin die Außerirdischen einen beliebigen Vornamen mit dem Nachnamen eines US-amerikanischen Präsidenten kombinieren mussten.
Blomkamp benutzt drei verschiedene Komponenten, um seine Geschichte zu erzählen. Da wären zuerst die dramatischen Szenen, die sich um Wikus' Geschichte drehen. Mit seinem Kameramann Trent Opaloch suchte Blomkamp unbearbeitete, brutale, authentisch aussehende Bilder, die sie mit Handkameras einfingen. So installierte Opaloch etwa dutzende Minikameras an jedem Set, um einerseits die Aktion als auch den filmischen Prozess einzufangen. Die zweite Komponente ist das fiktive Dokumentationsmaterial. Unabhängig vom Hauptdreh wurden dutzende Leute interviewt, einige davon Schauspieler, um die gewünschten notwendigen, unvorbereiteten Reaktionen zu der im Film präsentierten Situation einzuholen. Die dritte Komponente besteht aus echtem Nachrichtenmaterial, die aus den Archiven der South African Broadcasting Corporation, Reuters und anderen Agenturen stammten.
Mit diesem interessanten Mix aus Dokumentation, Science Fiction und Drama gelingt es Blomkamp, eine spannende Geschichte zu erzählen, die ihren Ursprung aus real existierenden Konflikten bezieht. Mit Hilfe von Peter Jacksons Weta Digital gelingt auch die tricktechnische Zeichnung des schwebenden Raumschiffs, dessen Konturen zwar meist im Smog der Stadt verschwinden, doch gerade deshalb so echt wirken, vor allem, wenn dann die winzig kleinen Hubschrauber auf das riesige Teil zufliegen. Das Gesamtkonzept der Geschichte ist zwar nicht neu, aber doch zeitgemäß und spannend. Lediglich mit der Wackelkamera hätte man ein wenig sparen können, ist aber nicht so extrem wie bei Abrams' Cloverfield! ■
OT: District 9
USA/NZ 2009
Science Fiction/Drama/Thriller/Action
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
112 min
mit
Sharlto Copley (Wikus van de Merwe)
Jason Cope (Grey Bradnam/Christopher Johnson/diverse Aliens)
David James (Koobus Venter)
Vanessa Haywood (Tania van de Merwe)
Melt Sieberhagen (Anton Grobler)
Nathalie Boltt (Sarah Livingstone)
Sylvaine Strike (Dr. Katrina McKenzie)
William Allen Young (Dirk Michaels)
Louis Minnaar (Piet Smit)
Vittorio Leonardi (Michael Bloemstein)
Kenneth Nkosi (Thomas)
Andre Odendaal (Mike van Kerland)
Nick Boraine (Craig Weldon)
musik
Clinton Shorter
kamera
Trent Opaloch
drehbuch
Neill Blomkamp
Terri Tatchell
regie
Neill Blomkamp
produktion
Key Creatives
QED International
WingNut Films
verleih
Sony Pictures

