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From Paris with love - Interview mit John Travolta
Donnerstag, 25.3.2010 | Autor: mz

John Travolta ist einer der bekanntesten Schauspieler unserer Zeit. In seiner fast 30-jährigen Karriere spielte er in fast allen Filmgenres. Eine seiner ersten Rollen spielte der mittlerweile 66-Jährige in der Stephen-King-Verfilmung Carrie - Des Satans jüngste Tochter.

Doch seinen Bekanntheitsgrad erlangte er 1977 in dem Discofilm Nur Samstag Nacht, gefolgt von dem Musical Grease ein Jahr später und Staying alive 1983. Er spielte in Komödien wie der Filmreihe Kuck' mal wer da spricht! oder Born to be wild - Saumäßig unterwegs (eine Fortsetzung ist schon in Planung).

Er wirkte in Dramen wie Phenomenon - Das Unmögliche wird wahr und Michael als auch in Zivilprozeß. Doch seine größten Erfolge neben seinen Tanzfilmen feierte er mit Filmen wie Pulp Fiction, Schnappt Shorty, Operation - Broken Arrow und Im Körper des Feindes.

Zuletzt verlieh er dem computeranimierten 3D-Hund Bolt seine Stimme, spielte den Entführer der U-Bahn Pelham 123 und zuletzt einen in die Jahre gekommenen Playboy in Old Dogs - Daddy oder Deal. Nun ist wieder mit From Paris with love anspruchslose Action angesagt.

Was hat Sie an dem Film besonders gereizt?

Als Schauspieler interessiert mich in erster Linie, was ich mit einer Figur anstellen kann, und ob es sich von dem unterscheidet, was jemand anderes aus der Rolle herausholen würde. Charlie Wax ist ein durchgeknallter Typ und erlaubte mir tolle Gestaltungsmöglichkeiten. Ich konnte völlig anders sein als ich selbst es bin. Außerdem fand ich es attraktiv, für Luc Besson zu arbeiten, der ein exzellenter Filmemacher ist und das Drehbuch geschrieben hat. Und Pierre Morel hat sich ja bereits mit einigen Filmen in diesem Genre bestens bewährt. Alles zusammen hat mein Interesse geweckt.

Halten Sie sich für einen unorthodoxen Schauspieler?

Das hängt davon ab, wie man unorthodox definiert. Ich würde niemals so handeln wie Wax, aber das bedeutet ja nicht, dass ich nicht das Recht habe, jemanden zu spielen, der so unorthodox vorgeht. Das habe ich bereits in Pulp Fiction getan, in Passwort: Swordfish, Im Körper des Feindes und in vielen anderen Filmen, wo ich Männer verkörpere, die unmoralisch handeln. Das ist das Privileg des Künstlers bzw. Schauspielers: Man kommt mit allem durch.

Wie sind Sie Wax’ Look angegangen?

Ich würde sagen, das war eine Gemeinschaftsleistung von Pierre, Luc und mir. Ich kam gerade von den Dreharbeiten zu Tony Scotts Die Entführung der U-Bahn Pelham 123 mit Denzel Washington und sah für den Film ziemlich wild aus, wenn man so will. Da dachte ich: ,Das hat funktioniert, aber für diesen Film brauche ich ein anderes Aussehen, bloß welches?’
Wir beschlossen, es mit einer Glatze und einem Bart zu versuchen und mich wie einen Glücksritter zu kleiden. Die laufen heutzutage aus irgendwelchen Gründen ja ziemlich stylisch herum. Wir sahen uns Fotos an, Typen mit Waffen und Narben, Lederjacken und Fallschirmspringerhosen und sie sahen wirklich glamourös aus. Ein bizarrer Gegensatz aus Glamour und Knarren.

Mögen Sie Ihren neuen „Haarschnitt“?

Sehr, weil so eine Glatze einem viele Freiheiten erlaubt, sich daneben zu benehmen. So wie in Pulp Fiction, wo die ungewöhnliche Frisur meiner Figur, dem heldenhaften Killer, ein gewisses Euro-Trash-Feeling verleiht. Ein Look, in dem man sich absolut wohl fühlt, ist sehr wichtig, weil sich das letztlich auch auf die Figur überträgt. Der Leinwand entgeht nichts, denn Film ist schließlich ein visuelles Medium.

Wax hinterlässt überall einen starken Eindruck, wo er auftaucht, ob bei seinem ersten Auftritt am Flughafen oder auf der Straße. Er ist immer dreist, gradeaus, und nimmt kein Blatt vor den Mund...

Ja, er hält die Zollbeamten ganz schön auf Trab mit seinen Flüchen, Drohgebärden, Vorurteilen und seiner Hartnäckigkeit. Wäre ich normal gekleidet und würde mich anständig verhalten, wäre es nur halb so schön. Mein Kleidungsstil steigert den Unterhaltungswert und passt zu der Figur. Es wirkt nicht so anstößig.
Hätte Wax einen schicken Dreireiher an, hieße es doch gleich: „Was bildet sich der Kerl ein, so zu reden?“. Aber Glatze, Bart, grimmiges Aussehen – und schon akzeptiert man es eher. Aber er flucht ja nur so viel, um sich Nachdruck zu verleihen.
Er redet ja nicht ungewollt so, sondern begegnet Drogendealern, Zuhältern oder Regierungsbeamten auf Augenhöhe, um von ihnen zu bekommen, was er will. Seine Ausdrucksweise ist mehr Werkzeug als Gewohnheit. Eine Haltung. Er nimmt Straßenverhalten an, um auf der Straße zu überleben.
Er wird für viel Geld engagiert, um sich in lebensgefährliche Situationen zu begeben, an Kriegsschauplätze usw., als Spion, Undercoveragent, und er weiß genau, wie er sich verhalten muss. Er ist absolut furchtlos, weil er immer und überall mit jedem fertig wird, und er hat keine Angst vor dem Tod. Er hat eine Kriegsmentalität.

Wie war die Zusammenarbeit mit Jonathan Rhys Meyers?

Er ist so liebenswert. Ein wunderbarer Schauspieler und ein angenehmer Gesprächspartner. Man kann mit ihm alles besprechen, was den Job betrifft oder wie man die Rolle spielen möchte. Und er ist ein witziger Typ mit viel Sinn für Humor.
Außerdem ist er ein absoluter Profi, einer der professionellsten Schauspieler, mit dem ich je gearbeitet habe. Er kann seinen Text, ist immer pünktlich, spielt jeden Take auf den Punkt. Man kann sich absolut auf ihn verlassen und auf ihn abstimmen – und, wann immer nötig, richtet er sich auch nach dir.

Und wie war es, mit Regisseur Pierre Morel zu drehen?

Ich kannte 96 Hours, und Luc hat sehr von ihm geschwärmt. Als ich Pierre traf, merkte ich sofort, dass er hochintelligent ist, sehr logisch denkt und ihm der Film sehr am Herzen lag. Er ist außerdem sehr elegant und ein ausgezeichneter Kommunikator. Und obwohl sehr zurückhaltend, weiß er immer genau, was er will.
Wenn Pierre nach einer Szene sagte: „Kannst du das noch mal auf diese Weise probieren?“, dann machte es für mich eigentlich immer Sinn. Er hat viele gute Ideen, ist sehr umgänglich und die Crew hat gerne hart für ihn gearbeitet, weil sie ihn so sehr schätzt. Und er war auch mit Leib und Seele dabei.

Wie wirkt sich Ihre Tanzausbildung heutzutage auf Ihre Schauspielerei aus?

Ohne mein Tanztraining könnte ich die Hälfte der Stunts, die ich ausführe, gar nicht machen, denn sie sind eine Form des Tanzes. Denken Sie an John-Woo-Filme. Bei ihm sind die Stunts wie Ballett – Zeitlupe und Bewegung – sehr graziös. Gewalttätig, aber wunderschön. Wenn ich kein Tänzer wäre, hätte ich sie sicher auch ausführen können, aber wohl kaum so flüssig und interessant.

Warum drehen Sie gern Actionfilme?

Ich mag die Bewegung, und dass man vieles unterschiedlich bedenken muss. Man setzt seinen Körper in einem Actionfilm anders ein. Das liebe ich. Aber ein Film muss schon gut geschrieben und inszeniert sein. Ich würde niemals nur wegen der Action mitmachen. In From Paris with love passiert nichts unbegründet. Eine Actionsequenz ergibt sich logisch aus der vorherigen und immer so weiter, während wir versuchen, ein Terrornetzwerk zu zerstören. Alles macht Sinn.

Wie hat Ihnen die Arbeit in Frankreich gefallen?

Ich wollte schon seit Jahren dort arbeiten. Eigentlich wundere ich mich, dass ich es nicht schon viel früher getan habe, aber es ist nie zu spät. Nach dreißig Jahren, voilà, bin ich endlich hier. Je suis heureux. Ich liebe die Atmosphäre hier am Set. Ich bin ein sehr anhänglicher Mensch und mag es sehr, dass sich hier alle umarmen und Küsschen verteilen.
Aber noch besser gefällt mir die Begeisterung für die Arbeit. Ich weiß es wirklich zu schätzen, wie man sich hier gegenseitig umsorgt und gleichzeitig eine hohe Arbeitsmoral an den Tag legt. Das habe ich sehr genossen.

Welche Szene hat Ihnen am meisten Schwierigkeiten bereitet?

Das kann ich wirklich nicht sagen, weil ich in dem Film ständig gefordert wurde. Er hat mir sehr viel abverlangt. Meine Körperbeherrschung ist zwar immer noch gut, doch wenn ich nur an die Hälfte von dem denke, was ich mir zugemutet habe, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Ich sollte mich wirklich mehr meines Alters entsprechend benehmen.
Bei jedem Stunt, bei dem ich mich abrolle, über einen Tisch springe oder mit einer Waffe in jeder Hand in die Luft springe, muss ich insgeheim kichern. Denn theoretisch sollte ich langsam mal einen Gang runterschalten, statt immer noch aufzudrehen! Ich glaube, dies ist der actionreichste Film, in dem ich je mitgespielt habe, und ich war wirklich in einigen Actionfilmen dabei, aber noch nie so aktiv. Das war klasse. ■

From Paris with love Interview mit Jonathan Rhys Meyers