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Victoria, die „Großmutter“ Europas
Freitag, 23.4.2010 | Autor: mz

Die deutsch-britische Fürstentochter Victoria regierte ganze 63 Jahre, 7 Monate und 2 Tage: vom 20. Juni 1837 bis zum 22. Januar 1901 als Königin von Großbritannien und Irland, ab dem 1. Mai 1876 zusätzlich als Kaiserin von Indien. Während des Viktorianischen Zeitalters stieg Großbritannien zur Weltmacht auf, was hauptsächlich am technologischen Vorsprung durch die industrielle Revolution, am Ausbau des Eisenbahnnetzes und an der damit verbundenen florierenden Wirtschaft lag.

Allerdings profitierte vor allem die religiöse und moralisch gewissenhafte Mittelschicht von Wohlstand und Sicherheit, so dass später, teilweise, der Vorwurf der Heuchelei aufkam. Auch steht die Herrschaft unter Victoria heutzutage für Prüderie und kulturelle Verflachung, Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen kamen nur schleppend voran. Nichtsdestotrotz wird die Viktorianische Ära zumeist nostalgisch als „gute alte Zeit“ wahrgenommen, da sie der britischen Monarchie zu langfristigem Glanz und politischer Macht verhalf. Auf dem Höhepunkt der imperialistischen Expansion umfasste das Gebiet des Britischen Empire vier Millionen Quadratmeilen und 124 Millionen Einwohner.

Doch Victoria war nicht nur die Monarchin mit der bis dato längsten Regierungszeit in der Geschichte Großbritanniens, sie gilt auch als „Großmutter Europas“. Und das nicht umsonst: Ihre neun Kinder, bzw. später ihre insgesamt 40 Enkel und 88 Urenkel, heirateten in nahezu jedes europäische Königshaus ein und saßen schon bald auf den Thronen von Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland, Russland, Jugoslawien, Rumänien, Griechenland und Spanien sowie in den Häusern Sachsen-Coburg und Gotha, Hohenzollern, Hohenlohe-Langenburg und Leiningen.

Victoria versuchte, die Ehen ihrer Nachfahren als Instrument der Friedenssicherung zu nutzen. Wie wirkungslos diese Maßnahme tatsächlich war, zeigte sich sowohl im Schleswig-Holsteinischen Krieg (1848-1851) als auch im Deutschen Krieg (1866), als die Fronten jeweils quer durch die königliche Verwandtschaft verliefen. Nur wenige Jahre nach Victorias Tod standen sich ihre Enkel in einem weiteren verheerenden Krieg gegenüber: Zar Nikolaus II von Russland, König George V von Großbritannien und der deutsche Kaiser Wilhelm II kämpften im I. Weltkrieg um die europäische Vorherrschaft, in Anbetracht der Feindschaft mit Deutschland benannte der englische König das „Haus Sachsen-Coburg und Gotha“ in Großbritannien in „Haus Windsor“ um.

© Kinowelt

Heute können (fast) alle Angehörigen der noch bestehenden Monarchien Victoria als Ahnin anführen, so unter anderem: Königin Elizabeth II von Großbritannien, König Harald V von Norwegen, König Karl XVI Gustav von Schweden, Königin Sophía von Spanien, König Juan Carlos I von Spanien, Königin Margarete II von Dänemark, der ehemalige König Konstantin II von Griechenland, der ehemalige König Mihai I von Rumänien sowie die Oberhäupter der ehemaligen Herrscherhäuser von Serbien, Preußen, Russland und Frankreich.

In Deutschland zählen das Herzogliche Haus Sachsen-Coburg und Gotha, mit Prinz Andreas sowie dessen Kindern Erbprinz Hubertus, Prinzessin Stephanie und Prinz Alexander, das zuletzt bis 1866 königliche Haus Hannover mit Prinz Ernst August sowie dessen Tochter Prinzessin Alexandra Charlotte, das Haus Hessen mit Moritz Prinz und Landgraf von Hessen sowie dessen Kindern Prinzessin Mafalda, Prinz Heinrich Donatus, Prinzessin Elena und Prinz Philipp und das Haus Baden mit Bernhard Erbprinz von Baden, Herzog von Zähringen sowie dessen Söhnen Prinz Leopold Bernhard, Prinz Friedrich Bernhard und Prinz Karl-Wilhelm Bernhard zu den Nachfahren von Queen Victoria. ■

Königin Victoria Young Victorias Kostümausstellung