Das Magazin - Interviews & Berichte
Khans Reise
Donnerstag, 10.6.2010 | von Shah Rukh Khan

Seinen Mut zu beweisen heißt nicht immer, dass man ihn der Welt entgegen brüllen muss. Manchmal ist Mut haben nur ein Flüstern, wenn jemand sagt: „Morgen werde ich es noch einmal versuchen.“ In einer Welt, die ständig nach neuen Helden sucht, oder Menschen auch kurzerhand zu Helden stilisiert, setzt My Name is Khan ein Zeichen und vermittelt uns auf seine leise Art:

Wer den richtigen Weg gehen und die notwendigen Antworten finden will, wer mit sich selbst und mit der Welt im Einklang leben möchte, der braucht keine Waffen. Man muss nur auf sein Gewissen hören, das einem sagt, dass die einfachen Wahrheiten des Lebens die Wichtigsten sind. Wahr und falsch auseinanderzuhalten ist so einfach und simpel wie die Tatsache, dass nach dem Tag die Nacht kommt und dem Sonnenaufgang der Sonnenuntergang folgt.

Gerade weil Khan eine so einfache Lebensanschauung verkörpert, erscheint er uns sonderbar, in einer Welt, die permanent auf der neurotischen Suche nach Erfüllung ist.

Wenn wir also behaupten, dass wir einen Superheldenfilm gemacht haben, klingt das merkwürdig. Das Außergewöhnliche dieses Helden mit Asperger-Syndrom ist seine Menschlichkeit. Genau das war meine Erfahrung bei diesem Film: Wenn du ein Held sein willst, dann musst du nur menschliche Güte beweisen. Nur weil wir sie so selten erleben, haben wir den Eindruck, als würde der Protagonist aus einer anderen Welt stammen.

Durch die Reise, die ich mit dieser Figur erlebt habe, habe ich selbst begriffen, dass man etwas Besonderes sein kann, wenn man einfach man selbst ist. Die Dreharbeiten führten uns durch die ganzen Vereinigten Staaten (eine angenehme Erfahrung, abgesehen von der Kälte in Los Angeles), und ich erkannte, dass die Amerikaner das Grundthema des Films, Islam und die westliche Welt, überraschend ehrlich und differenziert sehen.

Das galt vor allem für unsere Crew. Die Leute haben verstanden, dass keine Seite diesen Krieg angefangen hat und dass die Opfer auf beiden Seiten das gleiche Maß an Respekt und Mitgefühl verdienen. Sie begriffen auch, dass, wie Plato schrieb, „nur die Toten das Ende des Krieges gesehen haben”. Je früher wir diesen sinnlosen Kampf beenden können, desto glücklicher wird unser aller Leben sein.

© 20th Century Fox

Persönlich möchte ich noch Folgendes anmerken: Als Schauspieler bin ich ja nicht unbedingt für meine Zurückhaltung bekannt, aber mein Freund und Regisseur Karan Johar erwies sich als enorm verantwortungsvoll und erfahren – sowohl im Umgang mit mir, wie auch mit diesem schwierigen Thema. Er ist der wahre Held dieses Films, denn er verstand es, bei aller Komplexität den Überblick zu behalten – vom Asperger-Syndrom bis zum Konflikt zwischen westlicher und islamischer Kultur.

My Name is Khan ist auch eine Liebesgeschichte, die so wunderbar und ergreifend ist, dass sie aus einer anderen Welt zu stammen scheint. Karan Johar hat einen großartigen, sehr berührenden Film gemacht, der seiner eigenen Herzlichkeit entspricht. Von der Entwicklung der Hauptperson, die an dem Asperger-Syndrom erkrankt ist, über gewaltige Filmsets, in denen unter anderem die Flutsequenz des Filmes spielt, hat er nicht nur eigene Mittel sondern auch sein ganzes Herzblut in dieses Projekt gesteckt. Und ich bin ihm dankbar dafür, dass ich ein kleiner Teil dieser Reise sein durfte.

Noch ein Wort zum Filmverleih 20th Century Fox: Wir hätten alle während der Dreharbeiten wahrscheinlich den Mut verloren. Aber zum Glück kamt ihr an Bord und habt uns geholfen, einen Film für das Publikum der ganzen Welt zu machen. Ein Riesendank an euch alle!

Ich bete zu Allah, dass jeder empfinden kann, was wir mit unserer Geschichte erzählen wollen. Wenn uns das gelingt, dann haben wir einen Beitrag geleistet um wieder zu der Normalität, der Einfachheit und der Vernunft zurückzukehren, die die Welt so dringend braucht. Oder wie Rizwan Khan sagen würde: „Jetzt ist es repariert und läuft wieder.”

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