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Nichts zu verzollen - Hintergründe zum Film
Donnerstag, 28.7.2011 | Autor: mz | Quelle, Bilder: Prokino

Fließende Sprachgrenzen

Vierzig Prozent der Belgier sind frankophon, d.h. sie haben Französisch als Muttersprache. Das belgische Französisch, neben Niederländisch und Deutsch offizielle Amtssprache in Belgien, unterscheidet sich nur wenig vom französischen Französisch, vor allem jedoch durch den Akzent.

Darüber hinaus gibt es noch andere besondere Merkmale des belgischen Französisch, die sogenannten „Belgizismen“. Dies sind etwa die Bezeichnungen für bestimmte Zahlen. Die Zahl Siebzig heißt beispielweise im Standardfranzösischen „soixante-dix“, im belgischen Französisch jedoch „septante“.

Auch haben Belgier und Franzosen unterschiedliche französische Wörter für ganz alltägliche Begriffe wie den Regen, für das Telefonieren oder etwa für Mineralwasser mit Kohlensäure und vieles mehr. Ferner gibt es einige Unterschiede im Satzbau, bei Redensarten und sonstigen sprachlichen Traditionen.

Außerdem haben sich im belgischen Französisch Wörter erhalten, die im französischen Französisch inzwischen durch andere Begriffe verdrängt oder ersetzt wurden. Solche „Archaismen“ sind typisch für Sprachgebiete in Randlage, Gebiete also, die eine große geographische Nähe zu anderen Sprachen aufweisen.

Aber das ist noch nicht alles. Ebenso wie die nordfranzösische Picardie eine eigene Regionalsprache entwickelt hat, das Picardische, auch „chti“ genannt, das Dany Boon in seinem letzten Film so liebevoll vorgeführt hat, existieren natürlich auch jenseits der Landesgrenze, in Belgien, Regionalsprachen.

Im Unterschied zu „Willkommen bei den Sch’tis“ setzt Boon bei Nichts zu verzollen weniger auf den Dialekt zur Erzielung komischer Effekte, obwohl auch das vorkommt, als vielmehr auf alte Rivalitäten und Ressentiments zwischen Belgiern und Franzosen und typische Klischees, wie die Bezeichnungen „Camemberts“ und „Franzacken“ für die Franzosen und „Frittenfresser“ für die Belgier anschaulich zeigen. ■

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