Das Magazin - Interviews & Berichte
Nichts zu verzollen - Hintergründe zum Film
Donnerstag, 28.7.2011 | Autor: mz | Quelle, Bilder: Prokino

Dany Boon über die Familie Vandevoor

Ruben, der Figur von Benoît, habe ich eine Schwester an die Seite gestellt, die heimlich in einen französischen Zöllner verliebt ist. Dann gibt es da noch ihren Vater, der ebenso fremdenfeindlich ist wie Rubens Charakter. Außerdem gibt es Rubens Frau Olivia und seinen kleinen Sohn, dem er seine probelgischen und antifranzösischen Ideen nahezubringen versucht – jedoch vergeblich, was die Figur zusätzlich noch ein wenig abmildert.

Ich habe einen langen Castingprozess durchlaufen, um Benoîts Schwester Louise zu finden. Ich dachte an bekannte Schauspielerinnen für die Rolle, aber dann hat Julie Bernard sich in der letzten Runde durchgesetzt, als nur noch sieben „Finalistinnen“ übrig waren.

So unglaublich einem das vorkommen mag, wenn man sie auf der Leinwand sieht: Nichts zu verzollen ist ihr Filmdebüt. Ihre Probeaufnahmen haben mich davon überzeugt, dass sie die perfekte Wahl für diese Rolle ist, aber ich hatte natürlich trotzdem Bedenken, weil sie noch nie einen Film gedreht hatte.

Es besteht ein großer Unterschied zwischen guten Probeaufnahmen und gutem Spiel am Set. Man darf sich nicht von dem umfangreichen Stab einschüchtern lassen und muss starken Persönlichkeiten wie Benoît Poelvoorde und Bouli Lanners die Stirn bieten können. Kurz: Man muss seinen Platz finden.

Am ersten Drehtag war Julie noch sehr nervös, aber danach war sie phantastisch. Ihr Spiel hat mich vor allem deshalb beeindruckt, weil sie eine große Bandbreite von Emotionen darstellen musste – von lustigen Momenten über Wut bis hin zu Tränen...

Während der gesamten Dreharbeiten sprudelte Julie nur so vor Ideen, und sie hatte genau die richtige Vorstellung von ihrer Figur. Generell finde ich, dass es für einen Mann sehr schwer ist, eine Frauenrolle zu schreiben. Ich habe jedenfalls immer das Gefühl, zu nah am Klischee zu sein, und höre genau auf Reaktionen und Kommentare. Und Julie hatte den Mut, zu mir zu kommen und mir zu sagen, was für sie nicht funktionierte.

Auch den Schauspieler, der den Vater von Ruben und Louise spielt, Jean-Paul Dermont, habe ich durch Vorsprechen gefunden. Er hat eine Stimme wie Brasseur, nur mit einem belgischen Akzent. Ich konnte mir niemanden außer ihn in dieser Rolle vorstellen.

Schließlich gab es noch eine Reihe von Vorsprechproben, bis ich schließlich Benoîts Sohn Leopold, Joachim Ledeganck, gefunden habe. Mit Kindern verfahre ich immer gleich in solchen Situationen – ich suche mir ein paar aus und lasse sie eine Szene vorspielen, die sie gelernt haben.

Ich lasse sie erst einmal vorspielen, dann reden wir und ich gebe ihnen eine Anweisung. Wenn sie diesen Hinweis beherzigen, weiß ich, dass sie spielen können und es auch mögen. Denn es gibt nichts Schlimmeres als einen Kinderdarsteller, der von seinen Eltern in etwas hineingedrängt wird.

Schon beim Vorsprechen war Joachims Spiel authentisch. Er kann sich gut konzentrieren und hat sich darüber hinaus alles gemerkt, worum ich ihn gebeten hatte. Da wir die Szene mit Ruben und seinem Sohn unter dem Sternenhimmel in zwei Nachtdrehs einfangen wollten, hatte ich Angst, dass er zu schnell müde werden würde. Für mich ist das eine der wichtigsten Szenen des Films. ■

Interview mit Benoît Poelvoorde dead like...Vicco von Bülow